GRÜN Software AG30. März 2020

GRÜN CEO Oliver Grün: „Der Politik fehlt Exit-Strategie für die Wirtschaft“

Aachen, 30. März 2020. „Jeden Tag brennt die Wirtschaft weiter ab“ lautet die Überschrift des persönlichen Gastbeitrags unseres CEOs Dr. Oliver Grün zur Corona-Krise, den die Aachener Tageszeitungen am 30. März 2020 veröffentlicht haben.

Heute Vormittag bin ich durch unser fast leeres Bürogebäude spaziert. Mehrere Tausend Quadratmeter wie ausgestorben, braucht man eigentlich noch Büroflächen oder geht jetzt alles Online? Die Corona-Pandemie hat alle Aspekte, führt gleichzeitig zu einer Gesundheits-, Wirtschafts- und Gesellschaftskrise. Aber kann ich aus der Sicht eines Unternehmers dazu etwas schreiben? Dann müsste ich sachlich abwägen, das ist aber gefährlich. Es gibt schon ein Gruppendenken, es wirkt fast wie eine patriotische Pflicht, sich in die Befürworter der einschneidenden Maßnahmen des Staates einzureihen. Solidarisch sein, Kontakte vermeiden, Risikogruppen schützen, den Kollaps der Gesundheitssysteme wie in Italien oder Spanien vermeiden. Ich empfinde eine große Zustimmung. Glück gehabt, denn Kritiker und abweichende Meinungen werden schnell als emotionslos und unsolidarisch abgestempelt von unserer schnell erregten Gesellschaft.

Und dann kommt in der Abwägung mein anderes Verantwortungsbewusstsein als Unternehmer dazwischen: Die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Verbreitung wirken wie ein wirtschaftliches Transaktionsverbot. Wir fahren in einem einzigartigen Nachkriegsvorgang unsere gesamte Wirtschaft herunter und wollen das bezahlen mit den Steuern, die von derselben Wirtschaft abgeführt werden. Das klingt nach einem Ast, an dem man sägt. Ganz nebenbei wird der Mittelstand von 50 bis 250 Mitarbeitern vom gefeierten Wirtschaftsstabilisierungsfonds ausgeschlossen.

Noch recht krisenfest

Kurz atme ich auf, denn als Digitalunternehmer stehen meine Unternehmen noch recht krisenfest da, dann eben ohne Fonds. Jede weitere Woche kostet nach Berechnungen des Ifo-Instituts aber rund 50 Milliarden Euro und eine Gefährdung Hunderttausender Jobs schon bei einem Teil-Stillstand der Wirtschaft. Ich fände es unverantwortlich, diesen massiven Shutdown über mehr als wenige Wochen aufrechtzuerhalten. Drohen hier größere Schäden durch die Löscharbeiten als durch den Brand? Warum spricht das niemand aus, wir müssen doch eine Abwägung finden bei allem Mitgefühl für die inzwischen fast 300 Corona-Todesfälle in Deutschland? Aus welchem Grunde werden wir faktisch von Virologen regiert, die keine Ahnung von Politik und Wirtschaft haben? Ich vermisse als Unternehmer von der Politik jede Form der kommunizierten Exit-Strategie. Wie und in welchen Schritten, bei welchen Voraussetzungen kommen wir aus dem Shutdown wieder heraus? Wo ist die Abwägung zwischen dem Kollaps des Gesundheitssystems und jenem des Wirtschaftssystems? Auch wenn wir nicht wissen, wie die Maßnahmen wirken werden, müssen wir doch wissen, ab welchen Zahlen wir die Wirtschaft wieder atmen lassen. Das nennt sich Ziel. Es gibt aber kein Ziel, beispielsweise die Anzahl der Neuinfektionen je Tag, die unterschritten werden muss. Und die Bundeskanzlerin lässt heute verlautbaren, es sei „noch nicht der Zeitpunkt, darüber zu sprechen“. Es kann doch nicht wirklich unser Ernst sein, jetzt erst einmal Ostern abzuwarten und in drei Wochen nachzuschauen. Jeden Tag brennt die Wirtschaft weiter ab.

Mein Bewusstsein als Unternehmer hat immer noch die Überhand, als ich nach meinem Rundgang in mein Büro zurückkehre und im Internet über den Aufbau von immer mehr Leichenzelten in New York lese. Sofort fällt meine Abwägung wieder um. Es sind aufgewühlte Zeiten. In Summe machen wir das bisher gut mit starken Eindämmungsmaßnahmen in Deutschland, wenngleich gute Führung und Strategie fehlt. Ich habe Hoffnung auf den Aufbruch, veränderte Gesinnungen und Innovationen nach der aktuellen Corona-Krise. Für unsere Region Aachen macht mir diese Woche die Nachricht einer von der RWTH entwickelten Not-Beatmungspumpe guten Mut.

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